Perkussionist und Glockenkünstler Peter Conradin Zumthor ummantelt für zwei Wochen vor Ostern die Glocken sämtlicher Altstadtkirchen. Das Kunstprojekt «con sordino» schärft die Sinne im Hinblick auf den Karfreitag.
Kirchenglocken sind niemandem gleichgültig, denn sie sind Teil unser aller Alltags: Hörende und Gehörlose, Gläubige und Nicht-Gläubige. Klang und Vibration der Glocken sind Teil des öffentlichen Stadtraums und wertvolles Kulturgut. Vom 16. März bis zum Karfreitag, 29. März bringt Perkussionist und Glockenkünstler Peter Conradin Zumthor sämtliche Glocken der Altstadtkirchen anders zum Klingen. Nicht etwa lauter und voller, nein, im Gegenteil: leiser, gedämpft. «Con sordino» eben, ein Begriff aus der Notenschrift. Er hält Musiker:innen dazu an, eine bestimmte Passage eines Werks gedämpft zu spielen.
Das gleichnamige Kunstprojekt bringt der Bündner im Rahmen des Klangfestivals Taktlos nach Zürich. Peter Conradin Zumthor scheut dafür keine Mühen: In aufwändiger Handarbeit ummantelt er die Glocken auf den Kirchtürmen vor Ort, Stundenschlag und Geläut erklingen danach merklich gedämmt. Die Stille senkt sich über die Altstadt – für Pfarrerin Cornelia Camichel Bromeis eine grosse Chance, gerade in der Fastenzeit: «Was die Abweichung vom Gewohnten ausmachen kann – dafür möchten wir sensibilisieren», so die Pfarrerin an der Kirche St. Peter. Der Aufruf «Weniger ist mehr» ist denn auch das Thema der ökumenischen Kampagne der Hilfswerke Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein. «Was zum Alltag der Menschen in Zürich gehört, ist plötzlich anders», so die Pfarrerin. Und sie fragt sich: Wem wird es auffallen?
Cornelia Camichel Bromeis lädt dazu ein, sich Gedanken zu machen über den Wert des der Kirchenglocken als Strukturierung des Alltags – aber auch über ihre akustische Omnipräsenz. «Wir können uns dem Glockenschlag und dem Geläut nicht entziehen. Die Kirchgemeinde Zürich hat die Läutordnung angepasst. Doch die generelle Reizüberflutung ist ein Thema, gerade auch in unserer Stadt. Nicht nur für Menschen mit einer Hochsensibilität kann das ein echtes Problem sein.» Die gedämpften Glocken bieten die Gelegenheit, sich zu fragen: Wer leidet unter welchen gesellschaftlichen Einflüssen? In der Zeit auf Karfreitag hin mit mehr Stille die Sinne zu schärfen – das sei das Ziel der Altstadtkirchen. So werde man vielleicht auch vermehrt hellhörig auf die Bedürfnisse von Mitmenschen und Mitwelt. Und dann, nach einer besonderen Glockenkomposition von Rudolf H. Röttinger am Karsamstag, erklingt pünktlich zum Ostersonntag das Geläut der Altstadtkirchen wieder im prächtigen Fortissimo: Ein Ausdruck der Freude über das volle Leben, die Auferstehung.
Samstag, 16. März 2024, 19.15–ca. 22.30 Uhr
Glockenspaziergang: Zürcher Glocken - «con sordino» von Peter C. Zumthor
Start: Predigerkirche, Ende: Kirche St. Peter
Orgelkonzert am Anfang von Dominik Blum in der Predigerkirche. Schlusskonzert mit Schlagzeug und Harmonium, von Peter C. Zumthor und Felix Profos in der Kirche St. Peter
Weitere Infos und Tickets: ↗ Website Festival Taktlos
Karsamstag, 30. März 2024, 19 Uhr und 20 Uhr
Glockenkonzert
Nach der Zeit der gedämpften Glocken erwachen die Glocken der Innenstadtkirchen wieder zur Osternacht mit der Glockenkomposition «Elijahu – Jesus» von Rudolf H. Röttinger. Der erste Satz «Elijahu» wird von 19–19.15 Uhr von Rudolf H. Röttinger im Glockenturm der St. Annakapelle gespielt. Er ist an der Ecke Füsslistrasse – St. Annagasse zu hören. Der zweite Satz «Jesus» erklingt von 20–20.15 Uhr von den Türmen der Altstadtkirchen. Am besten ist er vom Limmatquai oder von der Münsterbrücke aus zu verfolgen.
↗ Zum Gesamtprogramm der Altstadtkirchen
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