Ein weiser Pfarrer hat sie Wegwerfprodukte genannt. Und Rhetorikerinnen betonen, dass sie Reden und keine Schreiben seien. Predigten sind Sprechakte, und was hier ins Netz gestellt wird, sind Manuskripte, nicht mehr. Wenn sie als solche indessen ein Gemeindeglied in den Ferien am fernen Strand an zuhause erinnern oder einen im Schreibstau im Internet surfenden Kollegen zur nächsten Zeile inspirieren, dann – ja, was will man dann mehr?
Im von Calvin reformierten Genf war es Usus, alle 150 Psalmen jährlich zweimal zu durchzusingen. Das möchten wir weder der Gemeinde noch uns selber zumuten. Eine einjährige Vertiefung in den Psalter aber ist der Mühe wert.
Martin Luther (der andere grosse Reformator) meinte, der Psalter sei eine „kleine, kurze Bibel“, „darin alles, was in der ganzen Bibel steht, aufs Schönste zu einem Handbuch gefasst ist“.
Empfinden, erfahren, erkennen
Nicht nur in Bezug auf die Bibel, sondern auch in Bezug auf das Spektrum menschlicher Empfindung und Erfahrung ist der Psalter allumfassend: „Wo findet man feinere Worte von Freuden, als die Lobpsalmen oder Dankpsalmen haben?... Wiederum, wo findest du tiefere Worte von Traurigkeit, als die Klagepsalmen haben?“
Hohes und Tiefes ist in den Psalmen enthalten. Sie sind „aus der Tiefe“ geschrieben (Ps. 130), singen und sagen von der Sehnsucht des Menschen („Wie die Hirschkuh lechzt an versiegten Bächen“, Ps. 42), seiner Grösse („Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott“, Ps. 8), seiner Not („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, Ps. 22).
Und auch die Erkenntnis, die der Psalter eröffnet, ist umfassend: „Summa“, sagt Luther, ergebe der Psalter ein buntes Bild, „mit lebendiger Farbe und Gestalt gemalt“, er sei ein „feiner, heller, reiner Spiegel“, in dem du „dich selbst… finden wirst, dazu Gott selbst und alle Kreaturen“.
Solche Empfindung, Erfahrung, Erkenntnis kann nur die Kunst wecken. Sie kommt zum Klingen in der psalterischen Poesie.
Andreas Fischer
Ps. 24 (24. März: Palmsonntag)
Ps. 22 und Mk. 15 (29. März: Karfreitag)
Psalm 131 (12. Mai: Muttertag)
Ps. 34 (2. Juni, "behinda"-Gottesdienst)
Ein weiser Pfarrer hat sie Wegwerfprodukte genannt. Und Rhetorikerinnen betonen, dass sie Reden und keine Schreiben seien. Predigten sind Sprechakte, und was hier ins Netz gestellt wird, sind Manuskripte, nicht mehr. Wenn sie als solche indessen ein Gemeindeglied in den Ferien am fernen Strand an zuhause erinnern oder einen im Schreibstau im Internet surfenden Kollegen zur nächsten Zeile inspirieren, dann – ja, was will man dann mehr?