Mitreissende Kult-Songs und existenzielle Fragen. In «passion: Jesus Christ Superstar» in der Citykirche Offener St. Jakob stellen Jesus’ Jünger:innen pikante Fragen. Auf diese gibt es mehr als eine Antwort…
In der Passionszeit erklingen in reformierten Kirchen barocke Klänge mit alten Texten. In der ganzen Stadt? Nein! Begleitet von Schlagzeug, Klavier, Bass und Gitarre fegen dieses Jahr im Kirchenkreis vier fünf mitreissende Takte aus den 70er-Jahren durchs Kirchenschiff. Im amerikanischen Kult-Musical «Jesus Christ Superstar» von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice geht es um Starkult, Glaubenszweifel, Hippietum und Spiritualität. Es erzählt die letzten Tage von Jesus von Nazareth und lässt Jünger:innen wie Judas, Pilatus, Simon und Maria Magdalena zu Wort kommen. «Das Meisterstück aus den 70er-Jahren ist ideal für unser Vorhaben, weil die Songtexte äusserst diskursiv angelegt sind», sagt Franziska Bark Hagen, Pfarrerin im Kirchenkreis vier fünf. «Es ist aufregend, wie die Jünger:innen Position beziehen und ihre Fragen so offensiv stellen.»
Natürlich kommt auch Judas zu Wort: Der Mann, der Jesus später verraten sollte, kritisiert Jesus’ Widerstand gegen die römische Obrigkeit und befürchtet, dass Jesus sie alle in Gefahr bringt. Während Simon der Widerstand nicht weit genug geht, zweifelt Judas gar an Jesus’ Integrität: Ist er wirklich der Superstar, als der er sich feiern lässt? Hat er nicht als einfacher Zimmermann seinen Weg begonnen? «Die Fragen, die die Jünger:innen stellen – übertragen auf das Leben von heute – sind sie immer noch relevant», sagt Franziska Bark Hagen. «Fragen wie: Wo gilt es, heute Widerstand zu leisten, aufzubrechen, mich zu bekennen? Und was in mir möchte befreit werden? Wie kann die ‚Revolution Liebe‘, die Jesus gelebt und gepredigt hat, unser Leben verändern? In den fünf Gottesdiensten versuchen wir, Antworten darauf zu geben.»
Pro Gottesdienst werden jeweils zwei bis drei Songs aus dem Musical gespielt. Franziska Bark Hagen ist ein grosser Fan der Musik: «Laut, energetisch, sexy: Mich fasziniert, wie viel Energie darin steckt», so die Pfarrerin, die mit Songs wie «Heaven on their minds» oder «What’s the buzz» aufgewachsen ist. Kantor Sacha Rüegg ist begeistert vom Projekt, denn er betritt musikalisch sehr gern Neuland: «Wenn sich Text und Musik verbinden, wirkt es immer – egal, was für ein Musikstil es ist. Das Musical ist kompromisslos. Das gefällt mir», so der Kantor.
Es sei kein Zufall, dass sowohl das Musical «Hair» als auch «Jesus Christ Superstar» aus der Hippiezeit stammen. Franziska Bark Hagen: «Beide Musicals erzählen von kollektivem Widerstand und gesellschaftlichen Veränderungen. Und sie zelebrieren diese auch – auf sehr unterschiedliche Weise. In «Jesus Christ Superstar» liegt der Fokus auf einer mehrstimmigen Auseinandersetzung damit: Wie können gesellschaftliche und persönliche Veränderung aussehen? Und so endet das Musical auch vor der Kreuzigung. Sie wird konsequenterweise nicht erzählt.»
Haben Sie Lust, ins Musical reinzuhören? Eine Kostprobe gibt’s auf YouTube.
Fünf Gottesdienste zur Passionszeit im Dialog mit Musik
19. März – 7. April in der Citykirche Offener St. Jakob
Sonntag, 19. März 2023, 10 Uhr Gottesdienst
«Ist er‘s, oder ist er‘s nicht»
Pfarrer Patrick Schwarzenbach
Sonntag, 26. März 2023, 19 Uhr
Blaue Stunde «Revolution Liebe»
Pfarrerin Verena Mühlethaler
Palmsonntag, 2. April 2023, 10 Uhr
Gottesdienst «Welche Befreiung?»
Pfarrerin Franziska Bark Hagen
Gründonnerstag, 6. April 2023, 18 Uhr
Abendandacht «Wo bist Du, Gott?»
Pfarrerin Franziska Bark Hagen
Karfreitag, 7. April 2023, 10 Uhr
Gottesdienst «Alles anders»
Pfarrer Patrick Schwarzenbach
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