BEREIT FÜR DIE ZUKUNFT


Wer sich am Rand der Gesellschaft oder in einer schwierigen Lebenssituation befindet, kann auf die Zürcher Stadtmission zählen. Seit 158 Jahren ist sie da: niederschwellig, kompetent und mit Überzeugung. Seit 2016 ist sie ein eigenständiger Verein. Die drei Landeskirchen leisten finanzielle Unterstützung. Womöglich bald in einem neuen Rahmen.

BeatriceBänninger_200Sie komme fast jeden Tag ins Café Yucca, sagt Lara. «Es gibt so wenige Orte in der Stadt Zürich, wo man verweilen kann, ohne etwas konsumieren zu müssen.» Im Café Yucca ist das möglich: Sie komme hierhin, um unter Leuten zu sein, um zu plaudern und sich auszutauschen. Es ist früh am Abend und das Café gut besucht. Lara erzählt von Episoden ihres Lebens: von verflossener Liebe, unabgeschlossenen Projekten, der Leidenschaft für Musik und vom Traum, einmal auszuwandern. Neu anzufangen. Raus aus dieser Stadt, die sie oft kühl und abweisend findet. Hier nicht.

«Wir sind da», lautet der Slogan der Zürcher Stadtmission, die das Café Yucca betreibt. Sie bietet hier Verpflegung, Obdach und Beratung an. «Unsere Stärke ist unsere Niederschwelligkeit», sagt Beatrice Bänninger, Geschäftsführerin der Stadtmission. «Man braucht keinen Termin, um zu uns zu kommen, und wenn man einen Termin vereinbart, ist es kein Problem und ohne Konsequenzen, ihn nicht wahrzunehmen.» Das unterscheide die Stadtmission von vielen anderen Angeboten, vor allem von staatlichen. «Wobei wir natürlich intensiv mit anderen Akteuren in diesem Bereich zusammenarbeiten», sagt Beatrice Bänninger.

Gegründet wurde die Stadtmission 1862 von der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Zürich. Seither blieb sie ihrem Grundsatz treu, diakonische Arbeit zu leisten für sozial benachteiligte Menschen. «Das ist nichts anderes als eine Chiffre für Solidarität mit Benachteiligten und tätiger Einsatz gegen soziale Ungleichheit», sagt Beatrice Bänninger. Heute tut die Stadtmission dies ausser mit dem Café Yucca auch mit der Isla Victoria, einer Anlaufstelle für Sexarbeitende mit je einem Standort in Winterthur und in Zürich. Auch hier leistet sie niederschwellig Unterstützung. Sie bietet Beratung und unterstützt die Sexarbeitenden bei migrations- und sozialrechtlichen Anliegen sowie in Gesundheitsfragen.

Besonders wichtig sei diese Arbeit während des vergangenen Lockdowns gewesen, erzählt Beatrice Bänninger. Viele Sexarbeitende standen vor dem Nichts. Die Isla Victoria blieb – wie auch das Café Yucca – die ganze Zeit über geöffnet, und sie wurde überrannt. «Die Verzweiflung einiger Betroffener war erschütternd», sagt die Verantwortliche. Der Stadtmission wurde sodann vom Zürcher Sozialamt die Kompetenz übertragen, unbürokratisch finanzielle Nothilfe zu leisten. Ausserdem organisierte sie zum Ausbruch der Pandemie Rückflüge in Heimatländer. Und sie leistete weiterhin Beratungsarbeit: «Die Corona-Zeit hat eindrücklich aufgezeigt, was passiert, wenn Sexarbeit verboten wird», sagt Beatrice Bänninger. Denn ganz verschwunden sei sie auch während der Krise nicht, aber die Arbeitsbedingungen im Gewerbe seien mit dem Verbot noch deutlich prekärer geworden.

Auch für die, die während des Lockdowns illegal weiterarbeiteten, war die Isla Victoria da. Für alle, die sie um Hilfe baten: unabhängig ihrer Herkunft, ihres Aufenthaltsstatus – oder ihrer Religion. Die Zürcher Stadtmission sei zwar historisch mit der reformierten Kirche verknüpft, aber heute ist sie konfessionell ungebunden. 2016 wurde sie von der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Zürich losgelöst. «Und wie ein Kind, das bei den Eltern auszieht, müssen auch wir uns jetzt von der Evangelischen Gesellschaft finanziell unabhängig machen», sagt Beatrice Bänninger. Konkret bedeutet das: Die Stadtmission finanziert sich zum einen über Leistungen, die sie im Auftrag des Staates ausführt, zum anderen mit Hilfe von privaten Zuwendungen und Stiftungsbeiträgen.

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Wichtige Säulen waren und sind die Kirchen, nicht nur wegen den Vergabungen und Kollekten der Kirchgemeinden: Der katholische Stadtverband, die Christkatholische Kirchgemeinde und die reformierte Kirchgemeinde unterstützen die Stadtmission mit substanziellen finanziellen Beiträgen. Nicht erst seitdem sie als eigenständiger Verein organisiert ist, sondern schon lange. Beatrice Bänninger: «Ohne diese ökumenische Trägerschaft könnten wir wohl kaum bestehen bleiben.» Um die Finanzierung der Stadtmission besser sicherstellen zu können, wird die Zusammenarbeit jetzt womöglich noch ausgebaut.

Diskutiert wird eine jährliche ökumenische Sockelfinanzierung durch die drei Landeskirchen. Zwei Fünftel des Budgets der Stadtmission wären damit abgesichert. «Die Sockelfinanzierung würde uns mehr Planungssicherheit ermöglichen», sagt Beatrice Bänninger. Die reformierte Kirchgemeinde Zürich und die Christkatholische Kirchgemeinde Zürich haben dem Vorschlag bereits zugestimmt; die Delegiertenversammlung des katholischen Stadtverbands steht noch aus.

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