Neun Jugendliche wurden Ende Mai konfirmiert. Sie erzählten von Oasen in ihrem Leben und davon, dass es nun Zeit sei, aus der Oase namens «Kindheit» aufzubrechen. Aber auch die Erde sei für sie wie eine Oase, deren Lebensraum sie schützen wollen, damit sie auch für kommende Generationen ein Wohlfühlort sein kann.

Eigentlich wäre ein gemütliches Abschlussweekend am See geplant gewesen. Weil das Jahr aber so verrückt spielte und man einen Grossteil der Zeit in den eigenen vier Wänden vor dem Computer verbringen musste, entschied ich, mit den Jugendlichen drei Tage lang unterwegs zu sein, in die Berge zu gehen und zu wandern, keine Nacht am selben Ort zu schlafen, ohne Zelt und Haus zu sein, frische Luft und Bewegung zu spüren. Ja, drei Tage lang Wind und Wetter, Regen und Kälte ausgesetzt zu sein, das eigene Heim zu verlassen, Abstand vom Alltag zu nehmen, die fleissigen Schulköpfe zünftig durchzulüften, um frei zu werden für das, was grad ist, für Wind, Kraft, Sehnsucht und Aufbruch.

Als sich dann die Eisheiligen mitsamt Regen ankündeten, zweifelte selbst ich an meinem Vorhaben. Und kaum wurden wir am Auffahrtsdonnerstag ausserhalb Luzerns mit dem Postauto ausgesetzt, bestätigten sich meine Zweifel: Regen prasselte auf unsere Köpfe, und es windete eisig unseren Mittagsproviant auf den Boden. Danach ging es nur noch aufwärts – passend zum Auffahrtstag. Die Jugendlichen zogen zufrieden ihre Leiterwägeli mit dem Material bergauf, die Sonne zeigte sich freundlich, und als wir zu einem schönen Platz in einem märchenhaften Mooswald kamen, war die Stimmung motiviert, der Alltag weit weg. Im Nu entstanden Waldschlafzimmer und eine Stube mit Feuer.

In den folgenden Tagen setzten sich die Jugendlichen aus – nicht nur der Natur und dem Wetter, auch den eigenen Fähigkeiten, dem Feuer und den eigenen Grenzen. So hatten sie am letzten Abend die Aufgabe, eine Stunde lang mit sich allein zu sein, ein Feuer zu machen und ihr Feuer am Brennen zu halten. «Für was brennst du und für welches Feuer lohnt es sich, es am Brennen zu halten und Holz nachzureichen?», waren dabei leitende Fragen.

Drei Wochen später wurden sie konfirmiert und erzählten im Gottesdienst von ihren «Oasen»
im Leben, von ihren Wohlfühlorten. Für einen Konfirmanden ist der Lebensraum Erde wie eine Oase, in der es sich gut leben lässt, wenn wir ihr nur Sorge tragen. Für eine andere Konfirmandin war die Kindheit eine wunderschöne Oase, in der sie sich wohl und geborgen fühlte. Das Erwachsenwerden beschrieben zwei als einen Auszug aus der Kindheitsoase, die Familie wollten sie mitnehmen. Die Lebensreise sei wie der Wind, sinnierte eine, man wisse nicht woher, man wisse nicht wohin. Dann segnete ich sie.

Pfarrerin Liv Zumstein

Zumstein Liv
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