Urban und vielfältig: Kirchenkreis vier fünf


Energy - oder das verlorene Paradies

Regelmässig wird eine Künstlerin oder ein Künstler eingeladen, die Johannes-Kirchenwand zu "bespielen". Den Anfang machen das Brüderpaar huber.huber.

Die Wand hinter dem Taufstein in der Johanneskirche ist gross und leer!

Soll sie leer bleiben? Oder soll einE KünstlerIn den Auftrag erhalten, ein Werk für diesen Ort zu schaffen, das bleibt? Die „Gruppe Kunst“ in der Johanneskirche hat einen anderen Weg gewählt. Immer wieder - genauer: ein bis zweimal im Jahre - wird eine Künstlerin oder ein Künstler eingeladen, diese Kirchen-Wand „zu bespielen“.

Den Anfang machen huber.huber, ein Brüderpaar, das seit 2005 künstlerisch zusammen arbeitet. Themen, die in ihrem Schaffen immer wieder kehren, sind Angst und Hoffnung, Glaube und Aberglaube, Gewalt und Frieden, Natur und Zivilisation. Ihre Arbeiten waren in Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen und erhielten diverse Auszeichnungen.

Oft ist für sie gerade der Gegenpol zu dem, was auf den ersten Blick zu sehen ist, von Interesse. Auch diesmal. Ein grosses Bild, das die ganze Wand ausfüllt: Eine paradiesische Szenerie. Oder doch nicht? Und was steht auf dem Sockel davor?

Schatten im Paradies?    Bild: huber.huber


JOHANNESKIRCHE

Finissage am 9. Juni 2021 um 18 Uhr

ausstellung_johanneskircheDas Konzept

Die Fotografie „Homo Sapiens“ ist 2019 entstanden, also vor der Corona Pandemie.

Der Begriff „Homo sapiens“ (lateinisch für „verstehender, verständiger“ oder „weiser, gescheiter, kluger, vernünftiger Mensch“), also eigentlich die Gattungsbezeichnung verweist auf den Begriff Anthropogenese oder eben auf die Hominisation hin. Damit werden die Herausbildung der körperlich und geistig Merkmalgefüge bezeichnet. Die Vergösserung des Gehirns ist dabei Zentral und Voraussetzung für unsere kulturellen und sozialen Fähigkeiten. Unser Bild zeigt, dass der „moderne Mensch“ trotz Entfremdung von der Natur das Bedürfnis hat, sich an schönen, natürlichen Orten aufzuhalten. Manchmal auch in Horden. Dabei wird alles mit modernster Technik, dem Smartphone, in Selfies festgehalten. Die Natur wird hier zur Bühne der Selbstdarstellung. Ich bin auf meinem Foto, also bin ich.
Die Bühne ist das Paradies. In klassischen Freskengemälden wird das Paradies häufig dargestellt. Zwei Menschen lebten unschuldig im Paradies, die Schlange (der Teufel) sie verführte, die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis zuessen. Schuldig vertrieb Gott sie aus dem Paradies. Diese Szene soll in Kirchen, in Fresken festgehalten, die Menschen an ihre Schuld erinnern.
Inzwischen haben die Menschen viele Äpfel gegessen und sich wacker vermehrt.

Vor dem menschenüberfüllten Paradies schwebt hier in der Kirche „green apple“ in Form eines Energy-Drinks, eines Wunders gleich, ein paar Zentimeter über einem weissen Sockel.
Der Energy-Drink ist ein Versprechen in schlichtem Design. Er wird für seine stärkende, den Organismus belebende Wirkung angepriesen. Selbstverständlich hat das Getränk nichts mit einem Apfel gemein, das was an einen Apfel erinnert, ist ein künstlich erzeugtes Apfelaroma. Energy – also die Energie die der Mensch für die Bewältigung des hektischen Lebens täglich benötig holt er sich mit einem künstlichen Drink, Ferien oder eben auch in der Religion, wie hier in der Kirche. Der Apfelsteht als Reminiszenz zum verlorenen Paradies.

Die Installation lässt den Betrachter*innen viel Interpretationsspielraum, dies nicht ganz ohne Humor.

ausstellung_johanneskirche energy-drink homosapiens_huber.huber Adam & Eva huber.huber


huber.huber

Dort, wo sonst die Kanzel vor einer weissen Wand steht, blicken wir auf ein Bild. Die Fotografie nimmt die gesamte Wandfläche ein. Badende Menschen in einer Lagune. Ferienstimmung, Entspannung. Die Seele baumeln lassen. Oder sind es doch schon zu viele Menschen auf engem Raum? Wie gemütlich ist es da wirklich?

Das Wasser leuchtet türkis, die grünen Büsche und Bäume gliedern das Bild in zwei horizontale Teile. Es gibt kein zentrales Motiv. Wie in einem Wimmelbild geschehen viele Dinge gleichzeitig. Eine Frau posiert für ein Foto, ein Mann hält sein Kind auf dem Arm, dahinter steigt jemand aus dem Wasser, woanders sitzt eine Gruppe im Kreis und unterhält sich. Die Komposition erinnert mit der Fülle an Figuren an ein Gemälde aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Die Fotografie ist aber 2019 entstanden – darauf deuten nicht zuletzt die vielen Handys, die überall auf dem Bild zu erkennen sind.

Vor der Bildwand steht ein Podest, weiss und schlicht. Darauf - schwebend - eine grüne Dose. Es ist ein Energydrink, der mit dem Geschmack grüner Äpfel wirbt. Die Dose schwebt tatsächlich. Es ist kein fauler Trick, sondern ein eingebautes Magnetfeld, das diesen Effekt bewirkt.

Die schlicht gestaltete Dose wird präsentiert, als wäre sie besonders wertvoll. Dabei kann man den selben Energydrink fünfzig Meter weiter am Kiosk Limmatplatz kaufen. Liegt das Glück so nah?
Der Energydrink, das Bad in der Lagune – beides verspricht uns neue Energie, eine Pause vom Alltag. Dasselbe verspricht uns auch die Kirche, in der wir uns befinden. Von der Mitte des Raums aus betrachtet ist das Taufbecken vorne auf einer Höhe mit der Lagune, während die Bäume auf der Fotografie über die Empore in die Orgel und dann ins dunkle Dachgebälk zu wachsen scheinen.

Energy-Drink „green apple“ - Schwebeteller mit LED BeleuchtungVerändert sich der Kirchenraum, wenn darin ein derart grosses Bild ausgestellt wird? Verändert sich das Kunstwerk, weil wir es in einer Kirche sehen? Und wie stehen die beiden Werke, Bild und Skulptur, zueinander in Beziehung?

Die Kombination der beiden Werke ist typisch für die Arbeitsweise der Künstler huber.huber, die mit diversen künstlerischen und physikalischen Mitteln arbeiten. Ihre Themenwahl reicht von A wie Abfall zu Z wie Zoo. Dabei interessieren sie sich für die jeweils spezifischen Eigenschaften vom Material mit dem sie arbeiten. Was kann Fotografie, was eine Skulptur nicht kann? Was kann eine Skulptur in Verbindung mit Magnetismus? Oft verknüpfen sich verschiedene Themen und Ebenen miteinander und sind erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar.

Die Brüder Reto Huber und Markus Huber (*1975) treten seit 2005 gemeinsam unter dem Namen huber.huber auf. Ihr vielschichtiges und konzeptuelles Werk wird kontinuierlich in Einzel- und Gruppenausstellungen in verschiedenen Galerien und Kunstinstitutionen im In- und Ausland gezeigt. 2020 erhielten huber.huber den Förderbeitrag des Kantons Thurgau. Vom 14. November 2020 bis 14. Februar 2021 ist im Kunsthaus Zofingen ihre Einzelausstellung «Odyssee» zu sehen.

Mit huber.huber beginnt eine Reihe, in der KünstlerInnen angefragt werden, jeweils für ein halbes Jahr die Johanneskirche mit zeitgenössischer Kunst zu bespielen. Verschiedene Gottesdienste und Vespern laden ein, das Werk Energy – oder das verlorene Paradies immer wieder neu zu entdecken.

Rebecka Domig ist Kunsthistorikerin und arbeitet als Ausstellungsmanagerin an der Kunsthalle Zürich. Sie kann Energydrinks nicht ausstehen, findet aber, dass eine gute Tasse Kaffee dem Himmel auf Erden nahekommt.

Aktuell

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Die nächsten Gottesdienste & Vespern

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PFINGSTGOTTESDIENST MIT TIERSEGNUNG


An Pfingsten wollen wir uns bewusst machen, dass Tiere unsere Mitgeschöpfe sind. Bringen Sie Hund, Hamster, Katze etc. mit, die wir in der Feier segnen werden.

Citykirche Offener St. Jakob, 19. Mai, 10 Uhr, Pfrn. Verena Mühlethaler

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EINEN SCHRITT NÄHER - HAUPTARTIKEL AUS DEM REFLOKAL 5


«Es war, wie wenn alle einander einen Schritt näherkamen. Und: Sie verstanden es als Anliegen Gottes.» Ulrike Müller, Pfarrerin

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GARTEN EDEN


Mitgestalten - Mitdenken - eine grüne Oase kreieren mitten in der Stadt.

Wer hat Lust auf Garten?

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GRILLPLAUSCH FÜR ALLE


Grill-Abend

im Café St. Felix und Regula, Hirzelstrasse 18, 8004 Zürich

Mittwoch, 26. Juni 2024, ab 18 Uhr

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Interkultureller Frauentreff   |   Das Café Dona ist ein Treff­punkt von Frauen für Frauen, mit Migrant­innen und Schweizer­innen. Flyer

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