PFARRER ADOLF RITTER - SEIN LETZTES PORTRÄT


In den Büroräumlichkeiten der Kirchgemeinde Fraumünster hängt seit Jahrzehnten ein Ölporträt von Pfarrer Adolf Ritter (1850-1906, Abb. 1). Erst kürzlich wurde wiederentdeckt, wer es gemalt hat.

Wie kam es zu diesem Porträt?

Der charismatische «Modepfarrer des Zürcher Grossbürgertums» (Historisches Lexikon der Schweiz), von 1898 bis 1906 am Zürcher Fraumünster tätig und zu dessen Predigten auch Reformierte aus den umliegenden Kantonen anreisten, hatte nicht etwa bei den erfolgreichen, in Zürich aufgewachsenen Porträtistinnen Louise-Cathérine Breslau oder Ottilie W. Roederstein Modell gesessen, sondern bei der angehenden Kunstmalerin Martha Haffter (1873-1951) in Frauenfeld.

Die Regierungsratstochter hatte sich – gegen anfänglichen Widerstand ihrer Familie – ab 1900 in München, Basel und Paris ausbilden lassen und 1905 im Künstlerhaus Zürich debütiert. Von 1906 bis 1939 stellte sie 14 Mal am Pariser Salon aus. Bekannt wurde sie für ihre Thurgauer Landschaften, dekorativen Friese und sonnigen Genrebilder mit Kindern.

Ihre ersten Porträtmodelle fand Martha Haffter im gehobenen Umfeld ihrer Eltern. Pfarrer Ritter war der Konfirmationslehrer und väterliche Mentor ihrer jüngeren Schwester Elsa Haffter, die in Zürich das Mädchenpensionat Yalta besuchte. Die Tagebücher von Martha Haffter schildern ihn als erzählfreudigen und gemütlichen Gast der Familie. 1904 skizzierte sie ihn flink, während er vorlas (Abb. 1). Für sein Porträt in Öl hielt er vom 7. bis 9. Oktober 1906 in Frauenfeld still. Am 18. Oktober verstarb er unerwartet an einer Lungenentzündung.

In Erinnerung an den beliebten Pfarrer war das in warmes Altrot getauchte Bildnis im Dezember 1906 im Künstlerhaus Zürich ausgestellt. Es fiel durch seine «grosse Ähnlichkeit und eine angenehme Farbgebung» auf. Die Neuen Zürcher Nachrichten erwähnten das Gemälde im gleichen Atemzug wie ein Porträt des Zürcher Klinikdirektors Rudolf Ulrich Krönlein, das der angesehene Wiener Hofmaler Koppay gemalt hatte, und sahen höflich über gewisse anatomische Unbeholfenheiten hinweg. Die beiden Werke besässen «durch die Persönlichkeit des Dargestellten lokale Beziehung und weitdringendes Interesse», las man.

Das Gemälde gelangte aus dem Nachlass der Künstlerin an die Kirchgemeinde.

Autorin: Monica Seidler-Hux


Tagebuchnotizen von Martha Haffter_low

Gemälde Adolf Ritter

 

1a Buchcover Verlag Benteli

   Die Autorin

Monica Seidler-Hux hat 1999 mit einer Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau Martha Haffter in das Kulturgedächtnis zurückgerufen. Anlässlich ihres 150. Geburtstags veröffentlichte sie im Herbst 2023 eine reich bebilderte Biografie über Leben und Werk der Künstlerin. 

   Das Buch 

 Monica Seidler-Hux: Martha Haffter - eine Schweizer Künstlerin zwischen Peripherie und Paris. Benteli Verlag, Salenstein 2023. Hardcover, 336 Seiten, 390 Abb. Überall im Buchhandel erhältlich. 

 


 

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