
Wir befinden uns mitten in der Passionszeit. So bezeichnen wir Reformierten die Zeit vor Ostern. Es ist die Leidenszeit Jesu, bevor er am Kreuz um sein Leben gebracht und laut den biblischen Quellen am dritten Tag auferstanden ist.
Wie das Wort vermuten lässt, geht es auch um Leidenschaft. Jesu handfestes Engagement für die Armen und Ausgegrenzten seiner Zeit und seine Verkündigung des «Reich Gottes» hatte ihn das Leben gekostet. Leidenschaft, die Leiden schaffte. Leidenschaft für Gerechtigkeit; für ein «Leben in Fülle», das allen Menschen auf dieser Erde verheissen ist. Und Leiden, welches Menschen erfahren, wenn sie sich in unserer Welt für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen.
Gerade Umweltaktivistinnen und -aktivisten sind heutzutage in Ländern des Weltsüdens Opfer von Gewalt. Dies, weil sie sich der Logik eines ausbeuterischen Wirtschaftswachstums entgegenstellen. Immer deutlicher werden die Verstrickungen sichtbar, in denen wir Menschen weltweit drinstecken. Wir machen uns die Auswirkungen des historischen wie aktuellen Kolonialismus bewusst. Wir werden herausgefordert durch Emanzipationsprozesse von ganzen Völkern und Gruppen. «Black lives matter» ist ein Slogan, der in diesen Diskussionen auftaucht. Aber auch: «Ist Wirtschaft nur, was Geld bringt?» Unsere Mutter Erde leidet ebenfalls. Die Klimaerwärmung, hervorgerufen durch unseren Lebensstil, wird jedoch eher uns Menschen töten als unseren Heimatplaneten. Denn, wenn wir so weitermachen, wird dies uns allen das Leben kosten.
Laut dem Evangelium des Matthäus sagte Jesus zu seinen Anhängerinnen und Anhänger: «Kehrt um! Die gerechte Welt Gottes ist nahe.» Umkehren sollen wir; uns abkehren von dem, was uns selbst als Menschheit unsere Zukunft verbaut. Uns dem zuwenden, was die Welt in ihrem Innern zusammenhält: Der kreativen «Ruach» Gottes vertrauen; der heiligen Geistkraft, die weht, wo sie will und uns beflügeln kann. Uns aber auch berühren lassen vom Schmerz und dem Leiden unserer Mitmenschen. Hier wie dort. Mitten im weltweiten Karfreitag können wir die Funken Gottes entdecken und uns verwandeln lassen!
Gemeinsam sind wir unterwegs auf dieser Welt, in diesem Leben; Freuden und auch Schmerz sollen wir teilen.
So, wie es die Dichterin Rose Ausländer in ihrem Gedicht «Gemeinsam» beschreibt:
Vergesset nicht / Freunde / wir reisen gemeinsam / besteigen Berge / pflücken Himbeeren / lassen uns tragen / von den vier Winden.
Vergesset nicht / es ist unsre / gemeinsame Welt / die ungeteilte / ach die geteilte / die uns / aufblühen lässt / die uns vernichtet / diese zerrissene / ungeteilte Erde / auf der wir / gemeinsam reisen.
Aus: Ich höre das Herz des Oleanders.
Gedichte 1977–1979, 1984
Esther Gisler Fischer, Pfarrerin
ONE WORLD – No Planet B. Bild: Markus Spiske
Eltern-Kind-Singen-Angebot online, via TEAMS (gemeinsam mit dem KK neun)
Jeweils am Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 9:30-10 Uhr
31.03.2021Gute Unterhaltung beim Lesen der Oster-Ausgabe im 2021!
26.03.2021