«MUSIK HILFT MENSCHEN MIT DEMENZ»


Bei der reformierten Kirchgemeinde Zürich gibt es verschiedene Angebote für demente Menschen. Wir haben mit Birte Weinheimer, Psychologin und Leiterin der Memory-Klinik Entlisberg, über Demenz, Unterstützung von Menschen mit Demenz, Musik und Prävention gesprochen.

Birte_Weinheimer_165Ich suche immer mal wieder meine Schlüssel oder weiss nicht, wo ich mein Handy hingelegt habe: Sind das erste Anzeichen einer Demenz?

Birte Weinheimer: Vergesslich sind wir alle und nicht jede Vergesslichkeit ist Ausdruck oder Beginn einer Demenz. Vergessen ist ein Stück weit normal. Und im Alter werden wir langsamer, die Aufmerksamkeitsspanne wird kürzer und manchmal meint man dann, man sei vergesslicher, dabei ist es die geringere Aufmerksamkeit. Es ist wichtig zu unterscheiden: Es gibt behandelbare medizinische Ursachen, die auch zur Vergesslichkeit führen können, wie bestimmte hormonelle Veränderungen oder Veränderungen bestimmter Vitamine. Daher ist eine Untersuchung immer ganzheitlich und bezieht alle Faktoren, die die Hirnleistung beeinflussen können, mit ein.

Wer ist typischerweise von Demenzerkrankungen betroffen?

Birte Weinheimer: Früher haben wir mit Demenz eher Veränderungen, die vorrangig mit zunehmendem Alter auftreten, gemeint. Die Älteren überwiegen auch heute noch in der Statistik. Aber es ist nicht nur eine Erkrankung des zunehmenden Alters. Früher wurden Symptome für Demenz bei Jüngeren oft als rein psychisch angeschaut. Erst wenn die Therapieansätze zur Behandlung zum Beispiel einer Depression nicht wirkten, dachte man an Demenz. Langsam sind alle sensibilisiert: Auch jüngere Personen können an Demenzen erkranken.

Wie können demente Menschen unterstützt werden?

Birte Weinheimer: Menschen mit Demenz ziehen sich oft zurück: Holen wir sie in unsere Mitte, überfordern wir sie jedoch nicht, passen wir uns ihnen an und geben wir Schutz. Die meisten Menschen wollen ihre Selbstständigkeit erhalten. Aber ein Mensch mit Demenz erlebt oft Angst. Die Welt, in der er sich bisher bewegte, wird unübersichtlich, Vertrautes fremd. Wir anderen sollen aber keine Angst haben, Menschen mit Demenz anzusprechen und zu unterstützen. Dazu braucht es Angebote in jedem Quartier, damit Demenz uns allen vertrauter wird: ein Leben mit Demenz als Betroffene und als Angehörige.

Welche unterstützenden Angebote für Menschen mit Demenz oder Menschen mit Gedächtnisschwierigkeiten gibt es in Zürich?

Birte Weinheimer: Eine ganze Reihe – es gibt Angebote für Menschen mit Demenz und für Angehörige oder Begleitende. Es hat städtische Angebote wie auch viele Vereine in Zürich: DemenzMeet Zürich  als Austauschort unter Angehörigen und Betroffenen oder die Alzheimervereinigung  mit Beratung und Aktionen. Musik als Therapie und Musik als Erlebnis. Die Memory-Kliniken im Stadtgebiet sind da zur Diagnostik, Therapie und Beratung. HumorDessert  — als entspannender Treff für alle, Ergotherapie, damit der Alltag zu Hause länger autonom bleibt, um nur einige zu nennen.

Die reformierte Kirchgemeinde Zürich bietet im Kirchenkreis sechs regelmässig das Sing-Café und ein Tanz-Café für Menschen mit Gedächtnisschwierigkeiten an. Warum gerade Singen und Tanzen?

Birte Weinheimer: Eine demente Person braucht Anregung von aussen. Singen und Tanzen lernen wir schon als kleine Kinder, von klein auf hören wir Lieder und verbinden damit eine angenehme Erinnerung. Musik fungiert als schöne Brücke zwischen Hirn und Bauch, sie wirkt wie ein Feuerwerk im Gehirn. Das Langzeitgedächtnis bleibt länger. Das Kurzzeitgedächtnis verschwindet vor allem bei Alzheimer als Erstes. Die Musik als Input ruft automatisch bekannte Gefühle wach und kann einfach genossen werden, ohne dass man gefordert wird. Musik als Ausdruckmittel funktioniert bei Demenz länger als die Sprache. In der Musiktherapie kann die demente Person beispielsweise mithilfe einer Trommel ihrem inneren Befinden Ausdruck verleihen.

Wie kann einer Demenz präventiv entgegengewirkt werden?

Birte Weinheimer: Zum Glück lässt sich einiges tun. Wichtig ist, aktiv zu bleiben und auf Ruhepausen zu achten. Aktiv sein meint: mit Kopf, Herz und Händen. Lernen Sie Neues, durchbrechen Sie Routinen auf einfache Weise, bewegen Sie sich und reden, singen, tanzen, wandern, erleben Sie etwas mit anderen.

 

Lesen Sie den Bericht Fröhliche Erinnerungen wachrufen über das Sing-Café im Kirchenkreis sechs.

 

Birte Weinheimer ist Leiterin der Memory-Klinik Entlisberg in Zürich-Wollishofen. Die Memory-Klinik bietet Abklärung und Beratung für Menschen mit einer Gedächtnisstörung oder Demenz.

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