
Die Angebote der Drehscheibe Demenz werden in eine Nationale Plattform des Bundesamtes für Gesundheit eingebunden – so sollen Erfahrungen verschiedener Institutionen gebündelt werden. «Ideen sind immer gefragt», sagt Co-Projektleiter und Pfarrer Roland Wuillemin aus dem Kirchenkreis sechs. Ideen haben auch der 86-jährige Emil Halter und seine 89-jährige Frau Verena, die bei der Drehscheibe Demenz aktiv dabei sind.
Im Raum herrscht konzentrierte Stille: Ältere Menschen sitzen an Pulten und üben sich im Gedächtnistraining. Als sich das gleichnamige Angebot der Drehscheibe Demenz dem Ende zuneigt, sagt eine der freiwilligen Leiterinnen Monika Leemann das Turnen zum Abschluss an. Ab da übernimmt Emil Halter. Im gestreiften Hemd, blaugrüner Hose und Strümpfen zeigt er die Turnübungen vor: Arme und Beine kreisen lassen, Hände in die Höhe strecken, dann nach links und rechts führen – und mit Schwung Richtung Boden sinken lassen. Seine 89-jährige Frau Verena muss körperbedingt sitzen bleiben, macht aber mit, so gut sie kann. Alle geben sich Mühe und motivieren sich gegenseitig mit dem einen oder anderen Witz. Emil Halter schaut genau hin und gibt Tipps – er versetzt gern etwas oder jemanden in Bewegung; so hat er auch die Idee für das Angebot Gedächtnistraining und die anschliessenden Turnübungen ins Rollen gebracht.
In einem anderen Angebot der Drehscheibe Demenz, der sogenannten Angehörigengruppe, werden Alltagserfahrungen im Zusammenleben mit Menschen mit Demenz ausgetauscht – zum Umgang mit Aggressionen beispielsweise. Hier wird offen über Sorgen und Herausforderungen gesprochen. Emil Halter hat die Angehörigengruppe auch besucht. «Das ist schon recht – aber für mich passt anderes definitiv besser. Einen ganzen Nachmittag lang habe ich nur von Problemen gehört», so der 86-Jährige. Viel lieber möchte er mit anderen Betroffenen eine kleine Wanderung im Quartier unternehmen, einen Vortrag über Unfallverhütung im Alter hören oder eben gemeinsam aktiv das Gedächtnis trainieren – inklusive anschliessendem Turnen.
Seit sieben Jahren wohnen die Halters in einer rollstuhlgängigen Zweizimmerwohnung der Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich. Verena Halter braucht Unterstützung im Alltag, zweimal pro Tag bietet die Spitex wertvolle Hilfe. Die demenzsensiblen Angebote der Drehscheibe Demenz besucht das Ehepaar grundsätzlich gemeinsam. Als «perfekt» stufen beide das Sing-Café ein. Zu Klavierbegleitung werden dabei in der Gruppe Lieder gesungen, danach gibt es einen Zvieri. Auch zu Hause wird bei den Halters regelmässig geturnt und gesungen: «Wir haben uns angewöhnt, im Takt der Bewegungen zu singen», sagt Emil Halter. Verena stimmt ein Lied an: «S Schwyzerländli isch no chli, aber no chli schöner chas nöd si.» Der Text, die Melodie, der Rhythmus – alles sitzt.
Die Drehscheibe Demenz als Gesamtprojekt ist ab Herbst auf der Nationalen Plattform Demenz des Bundesamtes für Gesundheit eingetragen. Ziel dieser Plattform ist es, das Wissen und die Erfahrungen von unterschiedlichen Projekten und Initiativen zu bündeln und breit zugänglich zu machen. Pfarrer Roland Wuillemin und Co-Projektleiter der Drehscheibe Demenz freut sich über diese Anerkennung. Was die Aufnahme der Angebote konkret für Auswirkungen hat, kann er zwar noch nicht einschätzen. «Ich stelle mir aber vor, dass wir uns besser austauschen und auch voneinander lernen können», so Roland Wuillemin. Für kreative Ideen sieht er auf alle Fälle Bedarf: «Insbesondere bei der Entlastung von Angehörigen gibt es noch Potenzial. Die Finanzierung solcher Angebote ist oft schwierig.»
Auch der Dunschtigs-Club – eine Kooperation mit der Spitex Zürich – lebt von vielfältigen Ideen und Aktivitäten. Gemeinsam ein Museum besuchen, spazieren gehen, sich auf der Orgel versuchen. Regelmässig wird auch Lotto gespielt – das mag Verena Halter besonders gern. Der Dunnschtigs-Club ist eines der wenigen Angebote im Raum Zürich, zu dem explizit Betroffene und ihre Angehörigen eingeladen sind. Das Konzept hat die Drehscheibe Demenz gemeinsam mit der Spitex entwickelt. Bei diesem Angebot sind jeweils auch auszubildende Personen der Spitex dabei. Einmal sei dies ein Mann aus dem Ausland gewesen. Emil Halter hat ihn angesprochen: Woher er denn komme und wie die Menschen in seinem Heimatland leben würden? Zuerst sei der junge Mann etwas verdutzt gewesen – und habe dann breitwillig Auskunft gegeben. Referate über fremde Orte und Menschen: Das würde ihn interessieren, das sei doch spannend! Es dürfe einfach nicht zu lange dauern – «und danach könnte man ja noch ein paar Fragen stellen.» Emil Halter hat viele Ideen – und er versucht stets aktiv, diese umzusetzen.
Demenzbetroffene Menschen und ihre Angehörigen sind Teil des kirchlichen Lebens, werden in allen Angeboten vor Ort wahrgenommen und wertgeschätzt. Mit verschiedenen, demenzfreundlichen Angeboten wird der Kirchenkreis sechs zur Drehscheibe Demenz der Kirchgemeinde Zürich. Die Spitex Zürich begleitet einzelne Angebote mit fachlicher Kompetenz.
Betroffene finden bei der Drehscheibe Demenz einen Ort, wo sie sich aufgehoben fühlen und mit anderen Menschen ins Gespräch kommen.
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