
Jede Figur in der Weihnachtsgeschichte verweist auf Bibelstellen im ersten Testament – und auf die Bedeutsamkeit von Jesus Christus. Gott kommt als Kind auf die Welt. Als Kind ohne Macht, zart und verletzlich. Für uns geht es erst einmal um die Frage: Was macht unsere Verletzlichkeit aus? Es ist die Scham und Angst, nicht zu genügen. Denken Sie mal an Dinge, von denen Sie nie wollen, dass andere es wüssten, für die Sie sich zutiefst schämen…
Es sind die Gefühle, die das Leben bestimmen. Und daraus kommt die Angst, nicht dazuzugehören, mit den eigenen Fehlern nicht akzeptiert zu werden. In der Regel schliessen wir unsere Verletzlichkeit aus unserem Leben aus. Es ist ein ständiger Kampf, den Schmerz der Verletzlichkeit nicht spüren zu müssen. Es ist im Kern ein Kampf um Anerkennung und Liebe.
Ein Kampf um das Grundgefühl: Ich bin es wert, geliebt zu werden. Der Mensch ist zutiefst erlösungsbedürftig.
Wie Erlösung aussieht, sehen wir an Menschen, die sich ihrer Verletzlichkeit bewusst sind, sie aber nicht vermeiden. An Menschen, die den Schmerz und das Risiko des Verletztwerdens
als zum Leben gehörend annehmen. Sie lieben vorbehaltlos mit ganzem Herzen.
Sie haben den Mut, unperfekt zu sein. Sie haben Mitgefühl, sie sind mit sich selber freundlich und mit anderen. Sie sind bereit zu sagen: Ich liebe zuerst. Ohne Sicherheit, ob etwas zurückkommt. Sie sind bereit, ein emotionales Risiko einzugehen. Sie wissen nicht nur um ihre Verletzlichkeit, sie glauben auch, dass das, was sie verletzlich macht, sie schön macht. Sie glauben, dass gerade darin wahre Stärke liegt.
Tatsächlich erleben wir solche Menschen als stark. Was für ein anderer Begriff von Stärke! Verletzlichkeit gehört zur Liebe. Liebe ist wahre Stärke. Verletzlichkeit ist nicht nur Ausgangspunkt für Angst und Scham und unseren Kampf, anerkannt zu werden. Verletzlichkeit ist ebenso Geburtsort für Glück, für Kreativität, Liebe, für Zugehörigkeitsgefühl.
Lernen wir vom göttlichen Kind in der Krippe: Was für ein anderer Begriff von Stärke. Der Glaube an das göttliche Kind ist auch der Mut, dieser Entdeckung zu folgen.
Felix Fankhauser, Pfarrer
«...Kind ohne Macht, zart und verletzlich.» Bild: zhrefch flickr
Gute Unterhaltung beim Lesen der ersten Ausgabe im 2021!
1.1.2021