Neu kann man jeden Mittwochnachmittag im Kirchenzentrum Leimbach gebrauchte, aber sehr gut erhaltene Kleidung für Kinder und Erwachsene erwerben – für nur einen Franken pro Stück. Zwischen Wohlfühlhemd, Abendgarderobe und Fleecejacke entspinnt sich auch so manches persönliches Gespräch.
Kleider in allen Farben und Formen hängen an der Stange – Oversize-Hemden, Blusen, Fleecejacken und vieles mehr. Die Kleiderstangen reihen sich offen der Zimmerwand entlang, in der Ecke steht eine unauffällige Trennwand für die Anprobe. Wie in einem richtigen Kleiderladen eben. Auch Schuhe, Spielzeug für Kinder oder Bodys für Babys werden auf dem langen Tisch in der Mitte präsentiert – alles gebraucht, und trotzdem noch in bestem Zustand. Die Stimmung unter den Besucher:innen am Eröffnungstag des offenen Kleiderschranks im Kirchenzentrum Leimbach ist fröhlich, beinah ausgelassen.
«Ich erhielt Anfragen aus dem Quartier und kam mit Kleiderspenden der Winterhilfe und sonstigen Spenden an den Anschlag. So entstand die Idee», erzählt Sozialdiakonin Manuela Rapold, Initiantin des Projekts. «Das Angebot steht der ganzen Bevölkerung offen. Im Quartier wohnen viele kinderreiche Familien, auch eine Siedlung der Fachorganisation für Migration und Integration AOZ befindet sich in der Nähe.» Die Kleidungsstücke können für jeweils einen Franken erworben werden, der Erlös fliesst in eine Kasse, die Menschen im Kirchenkreis in einer Notsituation unterstützt – vom Quartier für das Quartier.
Unterstützt wird Manuela Rapold von fünf umtriebigen freiwilligen Mitarbeiterinnen. Eine von ihnen ist Maja Stadelmann. Sie war Inhaberin eines Secondhand-Kinderkleiderladens in der Enge, musste ihn aber vor acht Jahren wegen der Konkurrenz der Billigkleiderläden aufgeben. «Heute würde so ein Konzept vielleicht wieder funktionieren. Ich habe den Eindruck, dass das Bewusstsein für Wiederverwertbares bei jungen Vätern und Müttern gestiegen ist.» Auch Manuela Rapold ist es ein Anliegen, mithilfe des Projekts auf nachhaltigen Konsum aufmerksam zu machen. «Viele Kleider, die wir erhalten, sehen aus wie neu. Aussortieren müssen wir selten etwas. Das macht mich manchmal etwas nachdenklich», erzählt die Sozialdiakonin. «Doch als Kirche haben wir die Chance, einen Gedankenanstoss zu geben: Was bedeutet eigentlich Konsum?»
Maja Stadelmann hat durch ihre jahrelange Erfahrung einen Blick für gut Erhaltenes. «Ich schaue zuerst immer auf die allgemeine Passform: Ist es verzogen oder ausgebeult? Bei Oberteilen prüfe ich als Erstes die Stelle unter den Armen: Dort entstehen manchmal Schwitzflecken, die selbst nach dem Waschen noch gut sichtbar sind. Das kauft kein Mensch – selbst wenn es nur einen Franken kostet.» Von der Qualität der abgegebenen Ware ist Maja Stadelmann beeindruckt. Sie zeigt auf ein enges geripptes Oberteil der Damenmodemarke Madeleine: «Von denen hatten wir vier Stück, als es losging – nun sind drei schon weg.» Auch Kleidungsstücke von anderen bekannten Marken wie Esprit, Marco Polo oder United Colors of Benetton finden sich zahlreich. Maja Stadelmann lässt ihre Finger über den Plisséstoff eines langen weinroten Kleids mit Glitzeranteilen gleiten. «Für eine junge Frau mit einer guten Figur wäre das doch perfekt.» Kaum hat sie den Satz beendet, betritt eine junge Frau Anfang Zwanzig in den Raum – schlank und grossgewachsen. Sie wurde bereits über das weinrote Glitzerkleid in Kenntnis gesetzt, nimmt es sich vom Kleiderbügel und verschwindet im Anprobebereich hinter der Trennwand. Sie kommt wieder raus, sucht sich zielstrebig einen Spiegel, dreht und wendet sich und ruft dann begeistert auf Englisch aus: «Perfekt für die Bühne!» Die Ukrainerin ist Sängerin und wohnt erst seit wenigen Wochen im Kirchenkreis zwei. «Ich nehme es», sagt sie und fügt hinzu: «Die Bühne dafür muss ich allerdings zuerst noch finden.»
Bekleidung ist emotional und erzählt eine Geschichte – so kommt man leicht miteinander ins Gespräch. Gleichzeitig lässt sich den einen oder anderen Schatz entdecken. «Diese Kleider haben ein zweites Leben verdient», so Manuela Rapold. Bei einer Tasse Kaffee an der Kaffeebar lässt sich anschliessend das Konsumthema vertiefen – oder gemeinsam von der ganz grossen Bühne träumen. Das perfekte Kleid für diesen Zweck liegt bereits zusammengefaltet in der Handtasche bereit.
Offener Kleiderschrank
Jeweils mittwochs, 15 bis 18 Uhr (ausser Schulferien)
Kirchenzentrum Wegackerstrasse, Wegackerstrasse 42
Kleiderspenden sind herzlich willkommen – bitte die Kleidung vorher waschen.
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